Liebe Leserinnen und Leser,
im gestrigen Beitrag (Schreiben unter freiem Himmel) hatte ich euch geschrieben, dass eine der Aufgaben lautete, aus 8 Stichwörtern (2 pro Teilnehmer) eine kurze Geschichte zu schreiben. Hier mein (heute leicht bearbeiteter) Beitrag. Die Stichworte waren: Trockenheit, Biergartenatmosphäre, Natur, Störung, bewegen, entspannen, Mutterliebe, ewige Liebe. An manchen Stellen habe ich die Worte leicht abgewandelt.
Was sagt ihr zum Ergebnis?
Tanjas Magen krampfte sich zusammen, als sie die Worte ihrer Mutter am Telefon vernahm. Schon immer hatte diese ihre Schwester Verena vorgezogen. War das etwa Mutterliebe?
„Bei Verenas Hochzeit warst du doch auch dabei. Warum kommst du nicht zu meiner?“
Ihre Mutter seufzte. Wie Tanja diese Seufzer hasste. Sie steckten voller Vorwürfe. Als wäre sie eine ständige Belastung.
„Warum musstest du auch nach Amerika auswandern? Hättest du deine ewige Liebe nicht auch hier finden können?“
Tanja legte auf. Dieses Gespräch war sinnlos. Mit Mühe unterdrückte sie die Tränen. Sie musste jetzt raus in die Natur. Allein dort war es ihr möglich, sich zu entspannen.
Sie nahm den Autoschlüssel vom Haken und stieg in ihren Wagen. Kurz überlegte sie, ob sie Matthew anrufen sollte. Nein, ich störe ihn bloß bei der Arbeit, dachte sie. Es reicht, wenn er es heute Abend erfährt.
Niemand aus ihrer Familie würde bei der Hochzeit dabei sein. Verena stand auf Mutters Seite, wie immer. Ihr Vater hatte sich vor zwei Jahren mit einer jüngeren Frau aus dem Staub gemacht. Tanja brach den Kontakt zu ihm auf Wunsch ihrer Mutter daraufhin ab. Und trotzdem konnte sie ihr nichts recht machen. Den schönsten Tag ihres Lebens würde sie ohne ihre Familie verbringen.
Die Bewegung tat ihrem schmerzenden Kopf gut. Sie atmete tief durch. Der Geruch der Kiefern und des Waldbodens löste Erinnerungen an ihre Kindheit in Brandenburg aus. Nur, dass sie sich hier in einem Nationalpark in Amerika befand, wo jederzeit ein Bär oder Elch aus dem Gebüsch kommen konnte. Absolut still war es jetzt, keine störenden menschengemachten Geräusche waren zu vernehmen. Sie horchte in sich hinein und wusste, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, in Matthews Heimat auszuwandern. Ihre Familie war jetzt hier.
Ein Ast knackte und knirschte. Tanja zuckte zusammen. Mit einem dumpfen Plopp landete er nur einen Meter von ihr entfernt auf dem Pfad. Die wochenlange Trockenheit machte den Bäumen zu schaffen. Tanja überlegte, wann es zuletzt geregnet hatte, aber sie erinnerte sich nicht. Wer will den Klimawandel noch leugnen?, dachte sie. Sie wusste, dass es in diesem Sommer auch in ihrer Heimat verheerende Waldbrände gegeben hatte.
Was hatte ihre Mutter dazu gesagt? ‚Wir lassen uns doch davon nicht die Biergartenatmosphäre vermiesen.‘
Tanja trat den Rückweg an. Heute würde sie die Einladungen vorbereiten. Ihr Vater würde auch eine bekommen.
Text: Susanne Sommerfeld
Ich finde es gut gelungen. Traurig, dass die Familie es nicht für nötig hält – aber auf solch Familie kann man ernsthaft auch verzichten. Die wollen nur und geben nichts
Ich glaube, ich schreibe am besten unter Zeitdruck. Ich habe viele meiner Geschichten am Post-Termin erst geschrieben.
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Vielen Dank, liebe Rina. Familien sind ja oft nicht das, was sie nach außen vorgeben. Das kennt wohl jeder.
Manchmal hilft mir der Druck auch, der Kreativität auf die Sprünge zu helfen.
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Ich brauche auf jeden Fall den Druck – allerdings, sollte ich mal was vorzeitig schaffen, freue ich mich auch, da ist die Vorfreude auf die Veröffentlichung immer besonders.
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Es kommt bei mir immer drauf an. Bei der größeren Geschichte lasse ich mir mehr Zeit. Die ist fertig, wenn sie fertig ist.
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Oh ja – grössere die geniesse ich auch immer sehr. Da lasse ich mir auch Zeit.
Bei diesen ganzen Schreibaktionen bin ich oft kurzfristig dran.
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Da ich gerade überarbeite, nehme ich mir auch die Zeit. Nach der ersten Überarbeitung folgt dann noch eine detailliertere. Da werde ich sowieso länger brauchen.
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Das stimmt. Überarbeiten dauert immer bisschen
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Ich kann Schreiben unter Zeitdruck nicht ausstehen, dann habe ich nicht nur eine Schreibblockade, dann habe ich auch Angst vor einer 😉
Ich mag deine Geschichte, auch wenn ich sie nicht „Versöhnung“ genannt hätte, eher „Trotz“ 😉 Und ich glaube, dass deine Protagonistin noch einen weiten Weg vor sich hat, was ihr Verhältnis zu ihrer Mutter (und ihrer Schwester) angeht. In deiner Skizze ist viel drin, was man herrlich auserzählen könnte.
Liebe Grüße
Christiane
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Liebe Christiane. Vielen Dank. Ich mache solche Übungen ganz gern mal. Bei mir lockert es eher das Gehirn.
Stimmt, Trotz hätte besser gepasst. Die Versöhnung gilt ja nur dem Vater.
Keine Ahnung, ob ich die Geschichte mal ausbauen werde. Da steckt natürlich genügend Stoff für mehr drin.
Liebe Grüße, Susanne
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Gut umgesetzt Susanne.
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Danke, liebe Nati. Es war gar nicht so leicht, in der Kürze der Zeit mit diesen Wörtern auf eine Geschichte zu kommen. Das war gutes Gehirntraining. 😊
Hab einen schönen Sonntag. Liebe Grüße, Susanne
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Da finde ich es leichter anhand eines Bildes eine Geschichte zu spinnen.
Dankeschön, hab du auch einen schönen Sonntag. Hier ist herrliche Luft zum Durchschnaufen.
LG, Nati
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Das stimmt, geht mir auch so. Hier ist es auch nicht mehr so warm und ein angenehmes Lüftchen weht. So lässt es sich gut auf dem Balkon arbeiten.
Liebe Grüße, Susanne
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Ich genieße diese Abkühlung. 😊
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😊 Ich auch. Für über 30 °C bin ich nicht gemacht.
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Ich auch nicht.
Absolut nicht.
Hallo Herbst wann kommst du? 😉
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😁 Spätsommer mit maximal 25 °C reicht mir schon.
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Ein Traum…
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